Früher sah man in Bremen die Champions League Spiele und die Wunder von der Weser. Ähnlich war das mit den Häfen? Dort sah man die ersten Containerschiffe in Europa ankommen und die längste Containerkaje der Welt. Und heute …? Heute steht Corona im Mittelpunkt. Man erklärt, es hätte schlimmer kommen können. Im letzten Jahr war man schon fast abgestiegen. Hilflos müssen die Fans das mit ansehen. Jedem  versetzt es ein Stich ins Herz. Wenn man Videos sieht, die die  handfeste Krise zeigen. Traurige Zahlen wahrnimmt. Und sich zwangsläufig die Frage stellt: Wie ist die Krise zu meistern? Schnell stellt man das leitende Personal in Frage. Hinterfragt die Transferpolitik und danach die Akteure auf dem Platz. Wie ist das im Hafen? Die Zahlen steigen auch dort ab.

Was sagt man einem 56-jährigen Hafenarbeiter? Dessen Berufsziel die höchste Tarifgruppe im Hafen war. Eben die Lohngruppe 8, die ihm bis zu 80.000 Euro und mehr im Jahr verdienen lässt. Was erklärt man jemanden, der lange Zeit arbeitslos war und dem der Hafenbetreiber die gleichen Perspektiven bot? Sie steuern im Betrieb die Containerbrücken und Van Carrier. Sicher, mit Fingerspitzengefühl und enormer Konzentration. Was ist mit der Gruppe unter ihnen, die Angst davor hat nochmal die Schulbank zu drücken; wenn Änderungen anstehen. Es fehlt einem allein die Fantasie, sich vorzustellen, wer die Preise zahlen soll, für die zukünftigen Dienstleistungen, die die Löhne tragen. Wer garantiert, dass die gewohnten Pfade weiterhin tragbar sind? Wer sagt, dass die nicht ins Abseits führen?

Im Nachbarterminal rollen die Van Carrier bereits automatisch. Zwangsläufig, erst einmal im Testbetrieb. Ist das schon die sichtbare Abseitsfalle?

Alle Hafenarbeiter kennen die Lage. Allein schon, weil die Zahl der Extra-Schichten nachlässt. Wer fährt da nicht mal langsamer, damit der Kollege noch eine erhält. Sie wissen, dass die Kajen im Brennpunkt stehen: Kosten runter, Produktivität hoch. Mehr Werte gibt es nicht. Die Kaje bietet die Wertschöpfung, wie eine Autobahnabfahrt. Wer würde da nicht am Bewährten festhalten. Wer weist in der Lage schon auf einen möglichen Verzicht hin? Wenn allein die Andeutung Wählerstimmen kostet. Unabhängig davon ist, ob es sich dabei um die Wahl zum Betriebsrat oder zur Bürgerschaft handelt. Viele befinden sich irgendwie immer im Wahlkampfmodus. Und der setzt Fristen.

Der Hamburger Hafenempfang wurde in diesem Jahr auf dem Postweg ausgetragen. Es war eine originelle Idee! Die Pandemie versperrte den Weg zum traditionellen Treffpunkt im maritimen Museum Hamburg. Die Gastgeber handelten pragmatisch. Wie bei der Münchener Sicherheitskonferenz gab es eine„Special Edition“. Mit ihrem Sonderband in gedruckter Form nehmen sie die Menschen mit, in unsere Wohnzimmer. Sie zeigen, dass der Hafen weiter reicht. Bis ins Homeoffice, wie unsere Internet-Router, die Informationen im Haus verteilen. Sie helfen uns beim Shoppen im Netz, beim Empfang von Videos oder bei der Kommunikation. Wenn diese Schnittstelle nicht funktioniert, stockt der Einkauf und jede Unterhaltung per Video. Gleiches gilt für den Hafen, er ist ein Router für Waren. Genauso ärgerlich wird es, wenn der nicht funktioniert.

Wenn das Spiel nicht funktioniert und die Bälle beim Gegner landen, ist das Bitter. Der Hamburger Sportverein zeigt, wie schwer es ist, sich aus der zweiten Liga heraus zu kämpfen.

Wer kann da sagen, das passiert schon nicht. Wie lange hält die Position? Wenn man erklärt, die Transformation ist eine firmeninterne Sache. Spätestens, wenn die Immobilien dem Land wieder anheimfallen, ist das eine sehr bittere Sache. In dem Fall ist es egal, ob es sich ums Weser-Stadion handelt oder um ein Hafenterminal flussaufwärts. Beide Abstiege kosten uns sind kalkulierbar. Für die Menschen, die dann auf Arbeit warten. Für die Konzepte und Alternativen, die dann mit der heißen Nadel zu stricken sind. Wieviel Risiko ist man bereit zu nehmen, um sich dagegen zu wehren?

Einige Berichte zeigen mittlerweile ihre ungeschminkte Sicht auf die Dinge. Sie spiegeln das Fremdbild. Eben die Sicht von außen. Schwer vorstellbar ist, dass es da keine gemeinsamen Nenner gibt. Erst wenn festgestellt wird, dass die Ansichten von Buten und Binnen überkreuz liegen.  Gibt es ein Problem. Letzteres kennt jeder von sich selbst. Wenn Selbstbild und Fremdbild nicht zueinander passen. In solch einem Fall droht der Anfangsverdacht der Selbsttäuschung. Bis dahin bietet sich die Chance zum Diskurs. Mit dessen Hilfe Schnittstellen und -mengen im Dialog zu ermitteln sind.

Insofern hilft vielleicht frischer Wind von außen.

Sonst endet das Ganze, womöglich wie beim Bremer Vulkan. Zu besseren Zeiten konnte man dort von der anderen Weserseite auch sehen, wie sich die Arbeiter am Sonntag in ihren Sonderschichten an der Reling des Trockendocks sonnten. Wer kennt nicht die Erzählungen, wonach man in manchen Häusern nur „Firmenname raus“ rufen musste, und dasselbe stürzte ein, weil so viel Material aus der Firma drinsteckte.  Nach der Pleite lagen ganze Stadtteile lahm. Geschichte wiederholt sich nicht? Ja doch oder nein? Heute kennen sich die Arbeiter genauso aus, zum Beispiel mit der Digitalisierung. Zu Hause schicken sie Roboter zum Rasenmähen oder Staubsaugen auf die Reise. Das zu Hause kommt aus dem Hafen, heute nur über geldwerte Vorteile und Extraschichten. Auf dem Weg zur Arbeit scheint das digitale Wissen oder Gewissen oft auf der Strecke zu bleiben. Man ruft nach Betriebsvereinbarungen, statt anzupacken.

Wie lockert man den Gordischen Knoten?  Wartet man auf den großen Knall? Wenn Mannschaft, Trainer und Management nicht an einem Strang ziehen, fehlen am Ende die Punkte. 25 reichen nicht zum Klassenerhalt. Besser sind 40. Genauso reicht es wohl nicht, 25 Container pro Stunde umzuschlagen.  Pro Gang und Brücke, versteht sich. Wenn man weiterhin mit elf Personen im Gang arbeiten will, braucht es wahrscheinlich 40. Und Typen, wie Kruse, Frings oder Borowka, die in der Kabine klare Ansagen machen.  Die um Punkte kämpfen, selbst wenn die Mannschaft mit dem Rücken zur Wand steht. Wo sind also die Hafen-Typen wie Kruse, Frings und Borowka? Die sich gegen die Entwicklung stemmen und die Flucht nach vorn antreten? Und sich ärgern, wenn sie die Punkte auf dem Terminal liegen lassen.

Im Weser-Kurier war zu lesen, dass Werder ein gezieltes und strategisches Beheben von Schwachstellen braucht. Nur das würde Werder nachhaltig voranbringen. Das muss nicht teuer sein. Schnell und clever würde reichen. Was von dem gilt  nicht genauso für die bremischen Häfen?

 

 

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